Amt für Bausubventionen und Zivilschutzbau (bis 1968: Zentrale Arbeitsbeschaffungsstelle)
Title
Amt für Bausubventionen und Zivilschutzbau (bis 1968: Zentrale Arbeitsbeschaffungsstelle)
Reference Code / Identification number
BD-REG 9
Stage
Fonds
Period of origin
1926 (ca.)-2006
Legal status
Eigentum des Staatsarchivs Basel-Stadt.
Provenance
Zentrale Arbeitsbeschaffungsstelle
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben
Der Börsencrash im Oktober 1929 und die darauf folgende Weltwirtschaftskrise treffen auch die Schweiz und führen zu einer sprunghaften Zunahme der Arbeitslosigkeit. Zunächst bricht die Exportindustrie ein, während die Binnenkonjunktur von der Bauwirtschaft gestützt wird. Erst 1934 geht der Wohnungsbau rapide zurück und bedingt eine weitere Zunahme der Arbeitslosigkeit.
In Basel zieht die rege Bautätigkeit zu Beginn der 1930er Jahre viele Arbeitskräfte an. Als nach 1934 das Bauvolumen wieder sinkt, werden viele Zuzüger arbeitslos. Trotzdem bleiben sie in der Stadt und belasten so den Arbeitsmarkt. Die Zahl arbeitsloser Männer steigt von 1871 im Jahre 1930 auf 6756 im Jahr 1936. Die Regierung sieht sich zum Handeln gezwungen und holt sich Rat beim Nationalökonom Prof. Dr. Edgar Salin. Dieser entwickelt zusammen mit dem Präsidenten des Gewerbeverbands Gustav Bohny und dem Gewerkschaftssekretär Christoph Bollinger einen Plan, der die Reduktion der Arbeitslosigkeit mittels zusätzlicher Bautätigkeit vorsieht. Salin präsentiert die Idee am 24. Februar 1936 in einem Vortrag vor der Statistisch-volkswirtschaftlichen Gesellschaft. Da die Bautätigkeit nicht aus dem ordentlichen, defizitären Staatshaushalt finanziert werden kann, schlägt Salin eine Arbeitsbeschaffungsanleihe vor, die mit der Erhebung eines Rappens von jedem Franken Einkommen zu verzinsen und zu amortisieren ist. Am 29. Juni 1936 wird der Regierung ein Gutachten mit Richtlinien für ein Gesetz unterbreitet. Der Arbeitsrappen als Kern wird dabei flankiert von weiteren Massnahmen, nämlich die langfristige Verlängerung der geltenden Tarifverträge im Bau-, Holz- und Metall-Gewerbe zur Sicherung des Arbeitsfriedens und die Submissionsordnung, welche die Vergebung von Arbeiten und Lieferungen durch die öffentliche Verwaltung regelt. Am 21. August 1936 liegt der Regierungsentwurf zum Gesetz über dringliche Massnahmen zur Milderung der Wirtschaftskrise im Kanton Basel-Stadt (Arbeitsrappengesetz) vor. Der Grosse Rat nimmt das Gesetz am 11. September 1936 an. Am 3. /4. Oktober 1936 wird es auch vom Stimmvolk gebilligt.
In der Umsetzung des Gesetzes wird ein Arbeitsbeschaffungsrat geschaffen, den ein politisch und gewerkschaftlich neutraler Präsident leitet und dem je drei, später je vier Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer angehören. Mit beratender Stimme gehören auch die Vorsteher des Bau- und des Finanzdepartements sowie der Vorsteher des Arbeitsamtes dem Rat an. Der Rat begutachtet Begehren um Subventionen oder Baukredite aus dem Arbeitsrappenfonds, stellt Anträge an den Regierungsrat und macht Anregungen zur Förderung der Arbeitsbeschaffung. Erhalten nichtsstaatliche Empfänger Subventionen oder Baukredite, kontrolliert der Rat die Einhaltung der Gesamtarbeitsverträge. Weiter prüft der Rat die Jahresrechnung und erstattet dem Regierungsrat jeweils einen Jahresbericht. Der Arbeitsbeschaffungsrat ist ein Konsultativorgan ohne Entscheidungskompetenzen. Beschlüsse fassen kann dafür die vom Grossen Rat aus seiner Mitte gewählte Arbeitsbeschaffungskommission. Schliesslich wird die Organisation vervollständigt durch eine beim Baudepartement geschaffene Zentrale Arbeitsbeschaffungsstelle und einen Initiativausschuss bestehend aus dem Präsidenten des Arbeitsbeschaffungsrats, je einem Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie dem Vorsteher der Arbeitsbeschaffungsstelle.
Der Arbeitsbeschaffungsrat nimmt in der Folge nicht nur Gesuche um Arbeitsrappenhilfe an private Bauvorhaben an, sondern bemüht sich auch aktiv, mehr Beschäftigung für die Arbeitslosen zu schaffen. So wird beispielsweise bei der Erweiterung der Hafenanlage (Hafenbecken II) auf Bagger verzichtet und der Erdaushub von Hand angeordnet. Spektakuläre Aktionen wie diese bilden aber die Ausnahme. Weitere Arbeiter werden bei Renovationen und Umbauten privater Liegenschaften beschäftigt.
Das Arbeitsrappengesetz ist aber nicht nur auf die Baubranche begrenzt, so dass verschiedene andere Aktionen finanziert werden können: Autoaktion, Möbelaktion, Bücheraktion, Elektrikeraktion, Altstadtausstellung, Morbiditätsstatistik, Hotelaktion etc. Die Massnahmen entsprechen jeweils den Bedürfnissen arbeitsloser Männer; Frauen sind in den entscheidenden Instanzen kein Thema.
Da die Arbeitslosigkeit in Basel in den Jahren 1936-1939 in gleichem Masse wie in der ganzen Schweiz oder in den Städten Zürich und Bern, wo kein Arbeitsrappen erhoben wird, zurückgeht, stellt sich rückblickend die Frage, ob der Arbeitsrappen tatsächlich eine besonders gelungene Massnahme gegen die Arbeitslosigkeit war, wie dies die Initianten darstellten.
Obwohl die meisten Arbeitsbeschaffungsprogramme in den 1950er und 1960er Jahren in Vergessenheit geraten, bleibt der Arbeitsrappen in Basel noch jahrzehntelang im öffentlichen Bewusstsein, vor allem weil mit dem Arbeitsrappengesetz Gesamtarbeitsverträge zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern früh institutionalisiert und verbreitet werden. Die Einkommenseinbusse in den Einzugsjahren 1936-1946 verliert mit zunehmender Distanz an Bedeutung. Die Gelder werden entgegen der ursprünglichen Intention statt in Krisenjahren prozyklisch in der Hochkonjunktur der 1950er und 1960er Jahre ausgegeben. Bei der nächsten Krise 1974 ist der Fonds dann beinahe erschöpft. Die Mittel, die für die Altstadtsanierung und Restaurierung zur Erhaltung und Verschönerung des Stadtbildes eingesetzt werden, stockt der Kanton deshalb 1975-1983 mit der Überweisung von 8.1 Millionen Franken in den Fonds nochmals auf (Arbeitsrappen II), damit die Restaurierungsarbeiten weiterhin subventioniert werden können. Die verbliebenen Aufgaben des Arbeitsrappens werden schliesslich 1980 im Denkmalschutz-Gesetz geregelt.
Dank der positiven Darstellung des Arbeitsrappens durch die Initianten von 1936 sowie dank der wohlwollenden Berichte in der Presse über Restaurierungen bleibt der Arbeitsrappen als Erfolgsgeschichte in der Basler Erinnerung verankert.
Weitere Informationen sowie eine Übersicht über Einnahmen und Ausgaben der Mittel, Zusammensetzung der diversen Gremien sowie ein Verzeichnis der mit Beiträgen unterstützten Bauten sind der Publikation Der Basler Arbeitsrappen herausgegeben von der Arbeitsbeschaffungskommission des Grossen Rats und des Arbeitsbeschaffungsrats des Kantons Basel-Stadt (Basel 1984) zu entnehmen.
Die Zentrale Arbeitsbeschaffungsstelle wird aufgrund des Regierungsratsbeschlusses vom 9. April 1968 umbenannt zum Amt für Bausubventionen und Zivilschutzbau (ABZ). Das Amt ist die kantonale Vollzugstelle der Bundeserlasse zur Wohnbauförderung. Diese haben primär die Verbesserung der Wohnungssituation für Familien, Betagte und Behinderte mit höchstens mittlerem Einkommen und Vermögen zum Ziel. Die Unterstützung ist eine objektbezogene Subjekthilfe, weshalb die Auszahlung der Unterstützungen über das Amt für Miet- und Wohnungswesen und später über das Amt für Sozialbeiträge erfolgt. Die eigentlichen Bausubventionen (d. h. Objekthilfen) fallen beim Denkmalschutz an.
Das ABZ ist seit den 1970er Jahren Gegenstand von Auflösungsbestrebungen, weil die Vielfalt von Denkmalschutz bis Zivilschutzbau nie wirklich als Einheit verstanden wird. Erst im Rahmen der wirkungsorientierten Verwaltungsführung wird das Amt am 31. Dezember 2005 aufgelöst. Die Aufgaben werden bei anderen Dienststellen angesiedelt:
- baulicher Zivilschutz bei der Rettung Basel-Stadt, Abteilung Einsatzunterstützung
- Denkmal-Subventionen bei der Basler Denkmalpflege
- Lärmschutz / Schallschutzfenster beim Amt für Umwelt und Energie, Abteilung Lärmschutz
- Sprayschutz beim Tiefbauamt, Stadtreinigung, Abteilung Technik und Logistik
- Wohnbauförderung / Mietzinskontrolle beim Amt für Sozialbeiträge.
Relevante Bundesgesetze für das ABZ sind folgende:
- Bundesbeschluss über Finanzhilfen für die Förderung der Beschäftigung im Wohnungsbau vom 19. März 1993 (BB)
- Bundesbeschluss über Massnahmen zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus vom 31. Januar 1958 (SW); vgl. BD-REG 9b 2-6
- Bundesgesetz über Massnahmen zur Förderung des Wohnungsbaus vom März 1965 (WB); vgl. BD-REG 9b 2-8
- Bundesgesetz: Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz vom 4. Oktober 1974 (WEG)
Relevante kantonale Gesetze für das ABZ sind folgende:
- Gesetz zur Förderung von Wohnungserneuerungen vom 17. Dezember 1981 (E); vgl. BD-REG 9b 2-3
- Gesetz zur Förderung des Wohnungsbaus vom 15. Januar 1070 (F); vgl. BD-REG 9b 2-4
- Grossratsbeschluss betreffend Änderung des Grossratsbeschlusses betreffend die Förderung des sozialen Wohnungsbaus und die Erstellung von 226 kommunalen Wohnungen für Minderbemittelte vom 19. März 1964 (SWKt); vgl. BD-REG 9b 2-7
- Wohnförderungsgesetz vom 21. November 1990 (WFG); vgl. BD-REG 9b 2-10
Eine jährliche Übersicht über die Tätigkeit der Zentralen Arbeitsbeschaffungsstelle bzw. des Amtes für Bausubventionen und Zivilschutzbau findet sich in den gedruckten Verwaltungsberichten, die bis Mitte der 1980er Jahre detailliert sind: Die Liegenschaften, die subventioniert wurden, werden namentlich genannt, unterschieden nach Kategorien (Beiträge an private gemeinnützige Institutionen, Sozialer Wohnungsbau, Staatlicher Wohnungsbau, Wohnbau- und Eigentumsförderung des Bundes.
Weitere Synthesen bieten die Staatsrechnung, die das gesamte Subventionsvolumen wiedergibt, sowie das Statistische Jahrbuch des Kantons Basel-Stadt. Darin erscheinen detaillierte Statistiken über neu erstellte Wohngebäude und Wohnungen nach Ersteller und Finanzierung.
Form and content
Die Bestände enthalten Projektdossiers zum Arbeitsrappen sowie zum Wohnungsbau.
Ordentliche Schutzfrist
Gemäss Archivgesetz BS
Zeitraumende
30
12/31/2036
Oeffentlich
Es gelten die allgemeinen Benutzungsbestimmungen des Staatsarchivs Basel-Stadt.
uneingeschränkt
Veröffentlichungen
Stolz, Peter, Blick in die Basler Wirtschaftsgeschichte: Basel in der Weltwirtschaftskrise und der Arbeitsrappen von 1936. In: WWZ News. - Basel. Nr. 25, 1999, S. 27-29
Degen, Bernard, Arbeitsbeschaffung, sozialer Frieden und Denkmalpflege: der Basler Arbeitsrappen (1936-1984). In: Traverse. - Zürich. - 1996, Nr. 2, S. 64-83
Arbeitsbeschaffungskommission des Grossen Rats (Hrsg.). Der Basler Arbeitsrappen 1936-1984. Basel 1984.
Schlussbericht des Regierungsrates über den Arbeitsrappen: 23. März 1984. Basel, 1984
Salin, Edgar, Lebendige Demokratie: der Basler Arbeitsrappen von 1936. Basel: Inst. f. Sozialwissenschaften, 1962
Stohler, Jacques, Der Basler Arbeitsrappen: eine Studie zur Beschäftigungstheorie und Beschäftigungspolitik regionaler Körperschaften. Basel: Nationalzeitung AG, 1957
Der Basler Arbeitsrappen: vorläufiger Bericht über die Tätigkeit des Arbeitsrappens 1936-1945 unter Berücksichtigung wichtiger Beschlüsse des 1. Halbjahres 1946 erstattet vom Arbeitsbeschaffungsrat. Basel: [s.n.], [1947?]
Geschichte des Arbeitsrappens von 1936 bis 1945: Tätigkeitsbericht / erstattet i.A. des Arbeitsbeschaffungs-Rates. - [Basel] : [s.n.], 1945
Salin, Edgar, Der Arbeitsrappen und seine wirtschaftliche und sozialpolitische Bedeutung / Referat von E. Salin. - Zürich : Christlicher Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz, 1939