Markthallen AG
Titel
Markthallen AG
Signatur
PA 1122
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1926-2009
Rechtsstatus
Eigentum des Staatsarchivs Basel-Stadt
Provenienz
Markthallen AG (Basel)
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben
Die Markthallen AG als Betreiberin der Markthalle an der Viaduktstrass 10-12 war ein privatwirtschaftliches Unternehmen, jedoch mit starkem Einfluss des Kantons Basel-Stadt. Dieser war weitaus gewichtigster Minderheitsaktionär und besass verschiedene Genehmigungsvorbehalte. Die Gesellschaft hatte die Aufgabe, die Durchführung eines Marktes für Frischobst und Frischgemüse sicherzustellen. Hauptsächliche Rechtsgrundlage war eine Marktkonzession und ein von der Einwohnergemeinde der Stadt Basel eingeräumtes Baurecht, das im Jahr 2004 auslief. Das Baurecht (Vertrag vom 5. März 1928) enthielt eine Klausel betr. entschädigungslosem Heimfall aller Gebäude für den Fall des Auslaufens.
Im 19. Jahrhundert hatte sich der Grosshandel für Obst und Gemüse zusammen mit dem Detailhandel auf dem Marktplatz abgespielt. 1883 wurde er auf den Barfüsserplatz verwiesen. Der Grossmarkt war ein Treffpunkt für Produzenten aus der Schweiz und dem nahen Ausland mit Händlern, welche die Erzeugnisse der Nachbarschaft und südlichen Länder auf den Markt brachten sowie auf der anderen Seite Verbraucher, die Obst und Gemüse in grösseren Mengen für Grossküchen und Gastwirtschaftsbetriebe benötigten und Detaillisten, die die Ware später in ihren Läden anboten oder mit ihren Wagen in den Aussenquartieren verkauften. Schon vor dem Ersten Weltkrieg trug man sich mit dem Gedanken, eine Markthalle zu errichten. Von den verschiedenen Projekten sei das Kühnste erwähnt, welches vorsah, anlässlich des Neubaus der Mittleren Rheinbrücke eine Markt- und Volkshalle auf dem Fluss zwischen zwei parallelen Brücken anzulegen.
Da der Markt nach dem Ersten Weltkrieg für den Barfüsserplatz zu gross wurde, leitete die Regierung 1926 Verhandlungen mit den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) ein, um den grossen Kohlenplatz, ein knapp 9300 Quadtratmesser grosses Areal an der Viaduktstrasse, zu erwerben. Die SBB verkauften den verkehrstechnisch günstig gelegenen Platz 1927 der Einwohnergemeinde der Stadt Basel. Die Regierung bot ihre Unterstützung zur Errichtung einer Halle an, forderte jedoch auch das Engagement der Grosshändler. Der Handelsgärtner-Verein und der Gemüsegärtner-Verband bildeten ein Initiativkomitee mit dem Ziel, eine Markthallen-Genossenschaft ins Leben zu rufen. Die Genossenschaft wurde am 9. Oktober 1927 gegründet und beschloss in ihren Statuten, eine Markthalle zu errichten und darin den Grossmarkt von Obst und Gemüse abzuhalten. Das Präsidium übernahm Dr. Joseph Braun (1887-1948) als Vertreter des Kantons Basel-Stadt. Anteilscheine zeichneten in Folge der Handelsgärtner-Verein, landwirtschaftliche Vereine und Genossenschaften, zukünftige Mieter der geplanten Randbebauung, Bauunternehmer, der Grosshändler-Verband der Obst und Gemüsebranche, die Brauerei Feldschlösschen, der Kanton Basel-Stadt, der Kanton Basel-Landschaft sowie verschiedene Gemeinden.
Im Gesetz zur "Abhaltung des Marktes für Engros- und Migroshandel mit den der menschlichen Ernährung dienenden Erzeugnissen des Gartenbaus und der Land- und Forstwirtschaft und mit Blumen, Saat und Saatgu" vom 10. Mai 1928 wurde der Genossenschaft die staatliche Konzession erteilt. Der Baurechtsvertrag sah ein 51jähriges Baurecht und eine Verzinsungspflicht von zwei Prozent des ins Terrain investierten Kapitals von 800'000 Franken . Die Baukosten beliefen sich auf rund drei Millionen Franken.
Die Kuppelhalle mit ihrer Spannweite von 60 Metern war bei ihrer Fertigstellung 1929 der drittgrösste Massiv-Kuppelbau der Welt. Sie übertraf berühmte Kuppeln wie die des Pantheon in Rom und Paris, der Peterskirche in Rom oder der Hagia Sophia in Istanbul. Der Ingenieur Alfred Adolf Goenner (1885-1929) verstarb vor der Vollendung des von ihm entworfenen Bauwerks. Mit der nur 2800 Tonnen schweren und 28 Meter hohen Kuppel, die in Zeiss-Divida-Schalenbauweise ausgeführt wurde und auf acht Säulen ruht, vollendete den Bau sein Partner, der Architekt, Hans Eduard Ryhiner (1891-1934). Die angewendete Bauweise in Stahlbeton war bahnbrechend für die internationale Entwicklung.
Der erste Markt wurde am 15. Oktober 1929 abgehalten. Bis 1969, als Genf ebenfalls eine vergleichbare Markthalle errichtete, blieb die Basler Markthalle die einzige ähnliche Institution in der Schweiz. Die Halle war in acht Felder eingeteilt, daneben blieb für Randstände und Handwagen reservierter Platz, die Gesamtfläche betrug 2488 Quadratmeter. Feste Plätze gingen an den Obst- und Gemüsehändler-Verband, an den Handelsgärtner-Verein sowie an lokale Händler und landwirtschaftliche Organisationen. Der grössere Teil wurde in Form von Tagesplätzen vermietet. Die Genossenschaft erwirtschaftete jedoch erwartungsgemäss am meisten Einnahmen aus den Mieten der Läden, Büros und dem Restaurant der Randbebauung. Trotzdem schrieb sie Verluste. Deshalb stimmten Regierung und Grosser Rat 1932 dem Antrag zu, die Abschreibung des Baurechtsvertrages um 25 Jahre bis 2004 zu verlängern (Zusatz des Baurechtsvertrages vom 3. Dezember 1932, auf der Basis des Ratschlags Nr. 3267). Darauf hin konnten die Anteilscheine erstmals zu 4,5 Prozent verzinst, ein Baufonds sowie ein Personalfürsorgefonds geschaffen werden. Der Personalfürsorgefonds wurde 1936 zum Abschluss einer Personal-Gruppenversicherung verwendet, die 1958 in eine Personal-Fürsorgestiftung umgewandelt wurde.
1938 wurde die Markthallen-Genossenschaft in Anpassung an das revidierte Obligationenrecht in eine Aktiengesellschaft, die Markthallen AG, umgewandelt. Sie verfügte über ein Aktienkapital von 964'000 Franken. Der Kanton Basel Stadt war in der Akteingesellschaft im gleichen Ausmass wie vorher ,nämlich mit 300'000 Franken, beteiligt. Der Marktbetrieb war stark reglementiert. Um fünf Uhr wurde die Halle geöffnet, die Händler fuhren mit ihren vollbeladenen Lastwagen ein. Bis 20 Minuten vor sechs galt es die Stände aufzubaue. Bis dahin war es den Grossisten erlaubt, untereinander Ver- und Einkäufe zu tätigen. Dann erklang eine Glocke und der Verkauf der Waren an die Händler nahm seinen Lauf. In den Jahren 1946 und 1947 und erneut 1969 und 1973/74 wurden die Randbauten durch den Aufbau neuer Stockwerke am Steinentorberg und an der Inneren Margarethenstrasse erweitert und ein Zwischentrakt an der Viaduktstrasse errichtet.
1979 standen aufgrund der Beanspruchung durch Fahrzeuge und Parkfeldern nur noch 1767 Quadratmeter als Verkaufsfläche zur Verfügung. Vermietet waren sie an 8 Importeure, 15 Grosshändler und 15 Produzenten, von denen die Hälfte aus dem Elsass stammte. Die elsässischen Produzenten setzten in Basel etwa 2000 Tonnen Gemüse und Früchte ab. Einerseits in der Markthalle, den Grossteil jedoch im Strassenverkauf. In der Markthalle gingen mit dem Aufkommen von Grossverteilern wie Coop Schweiz und Migros, welche ihr Angebot direkt in den Produktionsgebieten einkauften, die einkaufenden Detaillisten stark zurück. Auch der fehlende direkte Bahnanschluss machte sich negativ bemerkbar. Aus diesem Grund bauten einige Importeure und Grossisten eigene Lager- und Kühlhäuser, oft mit Bahnanschluss, von denen aus sie einen Teil ihre Kunden direkt bedienten. Auch die zunehmende Verlagerung des Gütertransportes auf die Strasse wirkte sich negativ aus, da der motorisierte Zugang über eine Ringstrasse ungünstig ist. Eine weitere Einschränkung waren zudem die mangelnden Erweiterungsmöglichkeiten. Trotzdem konnte anlässlich des 50jährigen Bestehens 1979 festgestellt werden, dass immer noch die Hälfte des gesamten Grosshandelsvolumens in Obst, Agrumen, Südfrüchten, Exoten, Trockenfrüchten, Gemüse und Blumen in der Markthalle abgewickelt wurden.
Im November 1989 übergab die Markthallen AG der Regierung einen Grundsatzbericht "Zur Zukunft des Basler Grossmarkte" mit dem Antrag, Investitionen der öffentlichen Hand für die Sanierung zu bewilligen und die Weiterführung des Betriebes auf neuer rechtlicher Grundlage zu ermöglichen. Eine Brandkatastrophe verursachte am 27. Mai 1996 grosse Schäden. Eine grundlegende Renovation war die Folge. Die Kosten wurden von der Gebäudeversicherung übernommen. Anschliessend wurde das betriebliche Konzept bereinigt, das Restaurant aufgehoben.
Zwischen 1989, als noch 24 Firmen feste Standplätze gemietet hatten, und 1999 sank die Zahl der Importfirmen, Grossisten und Produzenten auf die Hälfte. Die Beteiligung der öffentlichen Hand am Unterhalt eines Grossmarktes schien nicht mehr zwingend. Die Finanzierungskosten für die Sanierung der Kuppel sollten ohne massgebliche Beteiligung des Kantons aufgebracht werden. Als bis 2001 keine Lösung gefunden werden konnte, gelangte die Regierung zur Auffassung, den Baurechtsvertrag mit der Markthallen AG nicht zu verlängern.
Nachdem der Baurechtsvertrag ausgelaufen war, wurde der Betrieb am 30. Juni 2004 eingestellt. Die weitere Nutzung oder der Abbruch der Kuppel der Markthalle ist Gegenstand politischer Entscheide. Vorgeschlagen wurde der Erhalt der Kuppel und die Errichtung eines Hochhauses, welches die Rentabilität der Anlage gewährleisten soll. Das Gebäude sollte wiederum im Baurecht an einen Investor abgegeben, die Kuppel unter Denkmalschutz gestellt werden.
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Ordentliche Schutzfrist
Ende der Schutzfrist
12/31/2039
Bewilligung
Gemäss Archivgesetz BS
Zugänglichkeit
Oeffentlich
Physische Benutzbarkeit
uneingeschränkt
Zugangsbestimmungen
Es gelten die allgemeinen Benutzungsbestimmungen des Staatsarchivs Basel-Stadt.
Nicht unterschreitbar
Nein
Veröffentlichungen
Denkschrift anlässlich der Vollendung und Einweihung 1929, Basel 1929.
Die Basler Markthalle. Werner Wössmer, Freiburg i.Ü., 1953.
50 Jahre Markthalle Basel 1929-1979, Gustav Adolf Wanner, 1979.
Markthallen AG Basel. Zur Zukunft des Basler Grossmarktes, Basel 1989.
Die Basler Markthalle. Basler Magazin Nummer 17, 25. April 1992 (Magazin der Basler Zeitung)
Die regionale Obst- und Gemüseversorgung am Beispiel der Markthallen AG Basel, Felix Rätz-Wildi, Basel, Geographisches Institut, 1995.
Markthallen AG Basel. Zur Zukunft des Basler Grossmarktes. Zusatzbericht vom Januar 1999.
Die Architektur des 20. Jahrhunderts, U. Kultermann, Köln 1977, S. 69f.
Verwandte VE nicht in scopeArchiv
Sammlung topografischer Zeitungsausschnitte (TOPO), siehe unter Viaduktstrasse 10 bis 12
Verwandtes Material
Dossier Markthallen AG des WWZ/SWA, Basel
Revisionsdatum
27.10.2005