Kantonaler Bürgerrechstdienst [bis 1967 Bürgerrechtsbüro]
Title
Kantonaler Bürgerrechstdienst [bis 1967 Bürgerrechtsbüro]
Reference Code / Identification number
JD-REG 6c
Stage
Bestand
Period of origin
1949-1992
Legal status
Eigentum des Staatsarchivs Basel-Stadt
Laufmeter
5.00
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben
Das Bürgerrechtsbüro war dem Departementssekretariat des Departements des Innern zugeordnet und am Blumenrain domiziliert. Der Departementssekretär war Chef Bürgerrechtsbüro. 1967 zog das Büro ins Rathaus ein und wurde Bürgerrechtsdienst genannt. Dem Zivilstandsamt wurde es 1997 beigefügt und auch räumlich zusammengelegt an der Rittergasse.
Das Einbürgerungsverfahren im Kanton Basel-Stadt
Das schweizerische Einbürgerungsverfahren ist dreistufig und setzt die Einbürgerung in einer der drei Gemeinden (Basel, Riehen oder Bettingen), im Kanton Basel-Stadt sowie durch die eidgenössischen Behörden voraus. Auf Gemeinde-Ebene sind die Bürgergemeinden Basel, Riehen oder Bettingen zuständig, auf kantonaler Ebene der Kantonale Bürgerrechtsdienst sowie auf Bundesebene das Bundesamt für Ausländerfragen.
Der Kantonale Bürgerrechtsdienst ist die erste Anlaufstelle für ausländische
Staatsangehörige, welche im Kanton wohnhaft sind und Schweizer bzw.
Schweizerin werden wollen. Er prüft die erforderlichen Voraussetzungen. Die Voraussetzungen regelt das Bundesgesetz vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (BüG) und das kantonale Bürgerrechtsgeetz (BüRG), sie bestehen in:
12 Jahre tatsächlicher Wohnsitz in der Schweiz, 5 Jahre Wohnsitz im Kanton Basel-Stadt (unmittelbar vor der Anmeldung), 3 Jahre Wohnsitz in der jeweiligen Gemeinde (unmittelbar vor der Anmeldung).
Ein Wohnsitz von 3 Jahren im Kanton und 1 Jahr in der Gemeinde genügt für Bewerberinnen und Bewerber, welche ihr Gesuch vor Vollendung des 23. Altersjahres stellen und den Nachweis über eine Schulbildung nach einem schweizerischen Lehrplan von mindestens fünf Jahren erbringen.
Für die Frist von 12 Jahren wird die Zeit, während welcher Unmündige zwischen vollendetem 10. und 20. Lebensjahr in der Schweiz gelebt haben, doppelt gerechnet. Bei Eheleuten, die seit mindestens 3 Jahren miteinander verheiratet sind und von denen ein Ehepartner die Frist von 12 Jahren erfüllt, genügt für den anderen ein Wohnsitz von insgesamt 5 Jahren im Kanton Basel-Stadt, davon die letzten 3 Jahren in der Gemeinde. Dies gilt auch für den Fall, dass der eine Ehegatte bereits alleine eingebürgert worden ist. Der Wohnsitz muss bis zur definitiven Einbürgerung beibehalten werden.
Die Aufnahme in das Bürgerrecht setzt weiter voraus, dass die Bewerberinnen und Bewerber einen guten Leumund besitzen, mit den allgemeinen Lebensgewohnheiten (insbesondere auch mit der deutschen Sprache) und wichtigen öffentlichen Institutionen in Gemeinde, Kanton und Bund vertraut sind, die schweizerische Demokratie bejahen und die geltende Rechtsordnung respektieren, ihren privaten und öffentlich-rechtlichen (Zahlungs-) Verpflichtungen nachkommen.
Ehegatten können sich einzeln oder gemeinsam, wenn beide die Voraussetzungen erfüllen (deutsche Sprache, Leumund), einbürgern lassen. Unmündige Kinder werden in der Regel in die Einbürgerung der Eltern einbezogen. Eine selbständige Einbürgerung ist mit Zustimmung des Inhabers der elterlichen Sorge möglich. Die Einbürgerung von Ehegatten hat sich in der Folge des Gleichstellungsgesetzes verändert (Revision des BüG 1990).
Nach der Anmeldung findet eine Befragung durch den Kantonalen Bürgerrechtsdienst statt. Die Bürgergemeinde lädt Ausländerinnen und Ausländer zu Orientierungsabenden sein. Danach findet ein Gespräch bei der Bürgerrechtskanzlei (Bürgergemeinde) statt, in dem die finanziellen Verhältnisse abgeklärt werden und erläutert wird, wie das nachfolgende Gespräch mit der Einbürgerungskommission (Bürgergemeinde) sich gestalten wird. Die Einbürgerungskommission lernt die Gesuchstellenden kennen und beurteilt deren Assimilation. Danach fasst der Bürgerrat bzw. Bürgergemeinderat den Beschluss betreffend Aufnahme ins Gemeindebürgerrecht. Der Bund erteilt die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung, welche durch den kantonalen Bürgerrechtsdienst eingeholt wird. Die Beschlüsse von Bürgergemeinde und Bund werden an das Zivilstandsamt sowie den Regierungsrat bzw. Grossen Rat überwiesen. Die Räte fassen den Beschluss, der als Datum der Einbürgerung gilt und im Kantonsblatt publiziert wird. Das Verfahren wird abgeschlossen, indem die Bürgergemeinde den Bürgerbrief ausgibt.
Das Verfahren dauert zwischen 24 bis 40 Monaten, im Schnitt 32 Monate, d.h. 2,5 Jahre.
Erleichterte Einbürgerung (§17BüRG, Art. 27-30 des Gesetzes von 1952, Art. 58 nach der Revision von 1990, bzw. 1997)
Ausländische Ehepartner von Schweizerinnen und Schweizern mit Wohnsitz in der Schweiz können sich erleichtert einbürgern lassen, wenn der ausländische Ehepartner insgesamt 5 Jahre in der Schweiz gewohnt hat, seit einem Jahr hier wohnt, seit 3 Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit dem Schweizer/der Schweizerin lebt, in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist und die schweizerische Rechtsordnung beachtet.
Durch die erleichterte Einbürgerung wird das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des schweizerischen Ehepartners erworben.
Für die erleichterte Einbürgerung wird von den Bundesbehörden eine Gebühr erhoben.
Für GesuchstellerInnen, die seit mindestens 15 Jahren im Kanton wohnen besteht ein Anspruch auf Aufnahme ins Bürgerrecht. Der Anspruch bedeutet, dass ein Rekursrecht (§38BüRG) besteht, wenn alle Bedingungen erfüllt sind und das Gesuch abgelehnt wird.
AusländerInnen, die seit drei Jahren im Kanton und seit einem Jahr in der Gemeinde und wohnen und mindestens fünf Jahre Schulen nach einem schweizerischen Lehrplan besucht haben, haben einen Anspruch, sofern sie ihr Gesuch vor dem 23. Altersjahr stellen. (Seit 2001)
Ein Anspruch besteht ebenfalls für SchweizerbürgerInnen, die seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Kanton Basel-Stadt wohnen oder seit einem Jahr in Basel, einen guten Leumund besitzen und ihren öffentlich-rechtlichen (Zahlungs-)Verpflichtungen nachkommen. Das Verfahren dauert für sie etwa ein halbes Jahr.
Kosten
Die Kosten für die Einbürgerung sind gesetzlich geregelt. Sie setzen sich zusammen aus eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Kanzleigebühren sowie aus den von der Wohnsitzdauer, vom Einkommen und Vermögen abhängigen kommunalen Abgaben.
Folgende Dokumente sind notwendig für das Gesuch:
Zivilstandsdokumente (Geburtsscheine, gegebenenfalls Eheschein, Scheidungsurteil, Todesschein, Familienbüchlein, etc.), Wohnsitzbescheinigungen, Betreibungsregisterauszug, Zentralstrafregisterauszug, Steuerausweis, Personalienbogen, Zustimmungsserklärung der Eltern, Gesuch um Erteilung der eidgenössischen Einbürgerungsbewilligung, Passkopie (Personalien)
Die Entwicklung der Bürgerrechtsgesetzgebung
Das BüG vom 29. September 1952 brachte eine Verschärfung, da nun eine Eignungsprüfung ausdrücklich vorgeschrieben wurde (Art. 14) und die Wohnsitzanforderung verdoppelt wurde von 6 auf 12 Jahre (Art. 15). Im Gegenzug ergab sich eine Lockerung derjenigen Fälle, die ins Schweizer Bürgerrecht zurückgenommen werden: die erleichterte Einbürgerung von in der Schweiz aufgewachsenen Kindern gebürtiger Schweizerinnen (Art. 27), die Optionsmöglichkeit der ausheiratenden Schweizerinnen (Art. 9) und die neue Wiedereinbürgerungsmöglichkeiten (Art. 19).
1984/85 wurde des Bürgerrechtsgesetz revidiert. Die Revision bezog sich auf diejenigen Artikel, welche das Bürgerrecht von Kindern mit einem schweizerischen Elternteil regeln (BüG vom 14.12.1984).
1990 trat die Revision des Bürgerrechtsgesetzes betreffend Gleichstellung der Geschlechter in Kraft. Bei dieser Revision wurde auch das Doppelbürgerrecht gutgeheissen (Aufhebung von Art. 17).
Eine kleine Revision fand 1997 statt. Revidiert wurden der Art. 31, Abs. 2 (Kind eines schweizerischen Vaters) und Art. 58a Abs. 2 und 2bis (Erleichterte Einbürgerung für Kinder von Schweizerinnen durch Abstammung, Adoption oder Einbürgerung).
1994 wurde die erleichterte Einbürgerung der "Zweiten Generation", also der hier Geborenen, in einer eidgenössischen Abstimmung verworfen. 52,9% der Stimmenden sagten zwar Ja, aber 15 von 11 Ständen Nein.
Grobe Zahlen für die Schweiz
Zwischen 1956 und 1977 war ein kontinuierlicher Anstieg von Einbürgerungen zu verzeichnen, ab 1973 war der Anstieg steil, ab 1980 ging er kontinuierlich zurück bis 1991, wo die Zahl wieder zunimmt. Seit 1991 ist die Zunahme wieder deutlich.
Die Gesetzesänderungen von 1952 und 1991 haben die Kurve wesentlich beeinflusst. Beide Male nahm die Zahl sprunghaft zu.
In Basel-Stadt liessen sich 1963 582 Personen einbürgern, 129 davon waren AusländerInnen.
Die Einbürgerungsquote in der Schweiz betrug 1995 ca. 1,3 % (Zahl der Einbürgerungen je 100 Personen der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung). Die Schweiz hat u.a. deshalb einen hohen Anteil ausländischer Wohnbevölkerung, weil die Einbürgerungsgesetze relativ rigide sind und beispielsweise kein 'ius solis' (hier Geborene bekommen das Bürgerrecht) praktiziert wird und man dem Doppelbürgertum kritisch gegenübersteht.
Bestandsgeschichte
Die Unterlagen (1) wurden 1999 anlässlich des Umzugs des Bürgerrechtsdienstes vom Rathaus an die Rittergasse dem Staatsarchiv übergeben. Derjenige Teil der Unterlagen, welcher an die vorhandenen Serien im Pertinenzarchiv unter Bürgerrecht anschlossen, wurden unverzüglich dort zugeordnet und im Repertorium A2 (Bürgerrecht) verzeichnet (H1.104-128 und K 3.18-42). Der Rest wurde 2002 in vorliegendem Bestand erfasst.
Form and content
Es handelt sich grossteils um Register und Akten.
Bewertung und Kassation
Kassiert wurden Belastungsanzeigen vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement 1975-80, Kassabelege 1974-1982, Kassabücher 1964-1978, Einzahlungen Gebühren und Buchhaltungsbelege 1985-1989, und Kopien von einbezahlten Gebühren 1986-1989.
Die Unterlagen dokumentieren die Einbürgerungspraxis im Kanton Basel-Stadt. In der Schweiz variieren die Verfahren trotz Bundesrecht sehr stark. Immerhin sind der Bund, die 26 Kantone und rund 3000 Gemeinden an dem Prozess beteiligt. Auch die Handhabung der sogenannt weichen Kriterien wie 'guter Leumund', 'gute Eingliederung in die schweizerischen Verhältnisse' oder 'Vertrautheit mit allgemeinen Lebensgewohnheiten' dürfte sich nicht nur von Kanton zu Kanton unterscheiden, sondern auch innerhalb eines bestimmten Zeitraums verändern.
Anmerkungen
Im Verwaltungsbericht der Bürgergemeinde Basel findet sich das statistische Material u.ä. zum Thema.
Ordentliche Schutzfrist
Gemäss Archivgesetz BS
Zeitraumende
30
12/31/2022
Oeffentlich
Es gelten die allgemeinen Benutzungsbestimmungen des Staatsarchivs Basel-Stadt.
uneingeschränkt
Veröffentlichungen
Kreis, Georg; Kury, Patrick: Die schweizerischen Einbürgerungsnormen im Wandel der Zeiten. Bern 1996.
Imboden, Gabriela: "Wollen wir unser Möglichstes tun, um das Eindringen schlechter Erbfaktoren in unsere Bevölkerung zu verhindern..." Eugenik und Einbürgerung in der Stadt Basel 1931-1952. Unveröffentlichte Lizentiatsarbeit, Basel 1999.
Boner Barbara: Die kantonalen Verfahren zur ordentlichen Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern. Hg. von der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. Bern 1999.
Verwaltungsbericht der Bürgergemeinde Basel.