Nachlass von Robert Hess-Berlauer (1894-1974)
Titel
Nachlass von Robert Hess-Berlauer (1894-1974)
Signatur
PA 1322
Stufe
Bestand
Entstehungszeitraum
1882-1983
Archivalienart
Akte , Bild , Drucksache
Rechtsstatus
Eigentum des Staatsarchivs Basel-Stadt
Laufmeter
1.90
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben
Robert Hess wurde am 17. Dezember 1894 in Engelberg als Sohn des Buchhändlers Robert Hess und der Anna Feierabend geboren. Nach der Volksschule besucht er zwei Jahre das Realgymnasium des Benediktinerklosters Engelberg, wo er in Berührung mit Musik und Kunst kam. Dies führte ihn drei Jahre an die Kunstgewerbeschule in Zürich, wo er die Fächer Buchdruck und Grafik belegte. Gleichzeitig besuchte er an der ETH Vorlesungen bei Prof. Robert Saitschick, einem schweizerisch-russischen Literaturhistoriker und Philosoph. Anschliessend absolvierte er ein Praktikum in der Verlagsdruckerei Kösel & Pustet in Kempten.
Während des Ersten Weltkrieges war er als aktiver Soldat des Gebirgsbataillons 47 und später als Rechnungsführer der Internierungs-Region Basel-Schinznach tätig. Durch diese Tätigkeit lernte er die Tochter des Besitzers des Hotels Jura am Centralbahnplatz, Miggi Hess-Berlauer (1896-1957) kennen, die er im Februar 1920 heiratete. Da der Schwiegervater Eduard Stephan Berlauer wünschte, dass der im Hotelfach nicht bewanderte Schwiegersohn im Hotel Jura an seine Seite trete, absolvierte Robert Hess eine kurze Praxisausbildung im City-Hotel in Zürich. Die ersten sieben Jahre verbrachte das junge Paar in einer im Hotel eingerichteten Wohnung, wo auch die ersten fünf Kinder zur Welt kamen. 1927 zog die Familie in das Haus einer Verwandten nach Arlesheim wo auch die jüngste Tochter geboren wurde.
Schon früh verstand es Robert Hess, zahlreiche Kontakte zu Intellektuellen und Künstlern zu knüpfen; ausserdem war er selbst künstlerisch tätig. 1941, nach dem Tod seines Schwiegervaters, übernahm Robert Hess die alleinige Leitung des Hotels Jura. Er verstand es mit Geschick und Mut seine Ideen umzusetzen, etwa den Umbau des alten Hauses durch den Architekten Hermann Baur 1949/50. Das Hotel Jura wurde zu einem Haus, das von Künstlern, Literaten und Intellektuellen geprägt wurde, was sich auch in der Kunst zeigte, die im ganzen Haus zu sehen war. Die Kunst war der zweite, grosse Lebensinhalt von Robert Hess. Von 1933 bis 1938 war er Vorstandsmitglied, später Präsident des Basler Kunstvereins, von 1939 bis 1964 war er Mitglied der Kommission der Öffentlichen Kunstsammlung, von 1933-38 war er Delegierter des Kunstvereins Basel und von 1965-1971 Mitglied des Stiftungsrates der Emanuel-Hoffmann-Stiftung.
Früh engagierte er sich auch für eine Erneuerung der zeitgenössischen religiösen Kunst, worin er in Hermann Baur einen wichtigen Mitstreiter fand, und er setzte sich kämpferisch für seine Ziele ein. „Wenn in den zwanziger Jahren gegen harten Widerstand der Traditionalisten in Klerus und Volk statt eines schwächlichen historizistischen Baues am Spalenring die Antoniuskirche Karl Mosers als erste Betonkirche der Schweiz mit den herrlichen Glasfenstern Hans Stockers und Otto Staigers erstand – sie bildete für den Durchbruch der modernen christlichen Kunst in der Schweiz die eigentliche Bresche –, so wurde der dafür eingesetzten Überzeugungskraft von Robert Hess grossen Verdienst zuerkannt.“ (aus: Robert Hess-Berlauer, 17.12.1894-25.9.1974, mit Beiträgen von Hermann Baur, Maria Netter und Robert Hess, Basel, 1974, Privatdruck). Robert Hess war zudem Gründer der Societas S. Lucae, der schweizerischen Gesellschaft für katholische Kirchenkunst, besser bekannt unter dem Namen Lukasgesellschaft. Neben vielen Artikeln in Zeitschriften und Zeitungen veröffentlichte Hess mehrere Publikationen über neue Glasmalerei und moderne kirchliche Kunst in der Schweiz, aber auch ein Buch über den mit ihm befreundeten Künstler Alexandre Cingria.
In seinen letzten Lebensjahren befasste er sich zudem intensiv mit der Kunst der Etrusker; einen Niederschlag fand diese Auseinandersetzung in der 1973 erschienenen Schrift „Das etruskische Italien“. Nebenbei hatte er sich eine eigene Sammlung etruskischer Kunst angelegt, die später als Schenkung an das Basler Antikenmuseum überging. Weiterhin sammelte er Werke befreundeter Künstler, die er nicht selten in den Räumen des Hotel Juras aufhängte. Die Kunstkritikerin und Fotografin Maria Netter nennt in einem Text Werke von Georges Rouault, Serge Poliakoff, Maria Vieira da Silva, Alfred Manessier, Bernard Buffet, Coghuf und Walter Bodmer (Maria Netter „Raccolta R.H.“, in: Basler Nachrichten, Nr. 128, (Abendblatt), 25. März 1965, S. 7.).
Robert Hess-Berlauer starb nach einem gesundheitlichen Zusammenbruch und längerem Leiden am 25. September 1974 und wurde im Familiengrab auf dem alten Arlesheimer Friedhof beigesetzt.
Bestandsgeschichte
Im Frühjahr 2018 kontaktierte Simon Baur das Staatsarchiv betreffend eine allfällige Übernahme der Unterlagen von Robert Hess-Berlauer, die bis anhin bei dessen Tochter, Franziska Hess, aufbewahrt wurden. Aufgrund der historischen Relevanz des Aktenbildners für das Basler Kulturleben und der Aussagelkraft der Unterlagen entschloss sich das Staatsarchiv für eine Übernahme.
Die Ablieferung der Unterlagen an das Staatsarchiv erfolgte im Herbst 2018, deren Erschliessung im Spätsommer 2021.
Bewertung und Kassation
Kassiert wurden Doubletten sowie Materialien, die nicht in direktem Zusammenhang mit Robert Hess-Berlauer standen. Es handelte sich dabei hauptsächlich um sachfremde Zeitungsausschnitte. Übernommen wurden hingegen die Tagebücher, Korrespondenz, Publikationen sowie Unterlagen zum Hotel Jura.
Ordnung und Klassifikation
Der Bestand wurde ungeordnet abgeliefert. Bei der Erschliessung wurden die Unterlagen in eine logische Ordnung gebracht.
Schutzfristkategorie
Ordentliche Schutzfrist
Bewilligung
Gemäss Archivgesetz BS
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30
Ende der Schutzfrist
12/31/2013
Zugänglichkeit
Oeffentlich
Physische Benutzbarkeit
uneingeschränkt
Verwandtes Material
- Basel WWZ/SWA: Firmenarchiv Hotel Jura, Basel