Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz
Titel
Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz
Signatur
PA 1306
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1918-2021
Rechtsstatus
Eigentum des Staatsarchivs Basel-Stadt
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben
Die von einem gleichnamigen Verein getragene Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz wurde am 1. April 2015, also genau 40 Jahre nach der 10-wöchigen Besetzung des Baugeländes für das Atomkraftwerk in Kaiseraugst, eröffnet. Sie geht auf eine Initiative des Liedermachers Aernschd Born zurück, der selbst an der Besetzung teilgenommen hatte. Ab 2010 verfolgte er, damals noch Geschäftsführer des NWA (Nie wieder Atomkraftwerke), das Projekt, die Unterlagen, die viele Aktivistinnen und Aktivisten aus der damaligen Zeit aufbewahrt haben, zu sammeln, zu ordnen und öffentlich zugänglich zu machen.
Um dieses Projekt voranzutreiben, wurde im November 2012 der Verein Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz gegründet. Zweck des Vereins waren die Einrichtung und den Betrieb einer öffentlichkeitsorientierten Dokumentations- und Informationsstelle zu allen Aspekten des Widerstands gegen die Atomenergie in der Schweiz, insbesondere gegen das AKW-Projekt Kaiseraugst. Der Verein setzte sich folgende Ziele: Erarbeitung eines Konzepts zum Betrieb einer Dokumentationsstelle; Suche nach geeigneten Räumlichkeiten; Anstellung eines Kurators; Sicherstellung der Finanzierung mittels Mitglieder- und Sponsorenbeiträgen sowie Vergabungen.
Zunächst an der Freiburgerstrasse 80 ansässig, wurden im Herbst 2016 Räumlichkeiten in einem ehemaligen Ladenlokal an der Kleinhüningerstrasse 139 in Basel bezogen. Die Funktion des Kurators übernahm Aernschd Born gleich selbst. Die Dokumentationsstelle verstand sich als aktive Informationsstelle, die schriftliche Unterlagen, Plakate, Fotos, Filme und Objekte des Widerstandes gegen Atomanlagen in der Schweiz sammelte und diese sowohl vor Ort als auch über das Internet der Öffentlichkeit zugänglich machte. Sie bot zudem eine kleine permanente Ausstellung und periodische Veranstaltungen zum Thema Energie und zur jüngsten Geschichte an. Vor allem zu Beginn erhielt die Dokumentationsstelle monatlich mehrere Angebote von ehemaligen Aktivistinnen und Aktivisten. Jede Übernahme wurde in einer Vereinbarung dokumentiert. Born führte zudem mit etlichen Donatoren ein Gespräch über ihr Leben und ihr Engagement, welches er aufzeichnete.
Born strukturierte die Dokumentationsstelle in 7 sogenannte Rubriken, wobei mehrere davon rein virtueller Natur waren und lediglich aus Links bestanden. Die physischen Materialien lagen in den Rubriken 2 Objekte, 4 Organisationen, 5 Sammlungen und 7 Publikationen vor. Kernbestand waren die Rubrik 5 Sammlungen, in welcher die von den Aktivistinnen und Aktivisten übergebenen Unterlagen abgelegt wurden, sowie die Rubrik 4 Organisationen, welche zur Aufnahme der Unterlagen der verschiedenen Gruppierungen bestimmt war. Obwohl die Dokumentationsstelle grundsätzlich Materialien aus der ganzen Schweiz aufnehmen sollte, beschlugen rund 60 Prozent der Sammlung die Region Basel.
Um den Fortbestand der Dokumentationsstelle auf längere Frist zu gewährleisten, verlangte Mirjam Ballmer in einem Anzug, der vom Grossen Rat am 13. Januar 2016 an den Regierungsrat überwiesen wurde, eine finanzielle Unterstützung und langfristige Sicherung der Dokumentationsstelle. Ballmer stützte sich dabei auf § 31 Abs. 3 der Kantonsverfassung, die den Kanton Basel-Stadt verpflichtet, sich gegen die Nutzung von Kernenergie zu wenden. Eine dauerhafte Weiterführung der Dokumentationsstelle als eigenständige öffentliche Institution stand für den Regierungsrat nie ernsthaft zur Debatte; vielmehr sollte der Kern der Sammlung durch das Staatsarchiv übernommen und auf Dauer gesichert werden. Diesem Gedanken konnte sich auch der Verein anschliessen.
Daraufhin formulierten der Verein, das federführende Gesundheitsdepartement und das Staatsarchiv im Frühjahr 2019 gemeinsam einen Unterstützungsantrag an den Swisslos-Fonds für die grundlegende Aufbereitung der Sammlung vor Ort (Ordnung, Verzeichnung und Verpackung), die grösstenteils noch überhaupt nicht verzeichnet oder inventarisiert war. Der Unterstützungsantrag wurde vom Swisslos-Fonds genehmigt und die Projektarbeit im Februar 2020 aufgenommen. Die Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten übernahmen der Kurator Aernschd Born und die Historikerin Sabine Braunschweig. Das Staatsarchiv übernahm die inhaltliche Begleitung des Projekts und verpflichtete sich zur Übernahme der archivwürdigen Sammlungsteile mit Ausnahme der Objekte, welche an das Historische Museum Basel gingen, und des Bibliotheksguts, welches der Universitätsbibliothek Basel angeboten wurde; etlicheTitel aus dem Bibliotheksbestand wurden schliesslich vom Archiv Deutsches Atomerbe e.V. in Braunschweig übernommen.
Trotz Beeinträchtigungen durch die Coronapandemie konnten die Arbeiten planmässig abgewickelt und die Unterlagen im Juni 2021 geordnet, verzeichnet und verpackt dem Staatsarchiv übergeben werden. Am 9. August 2021 wurde der Schlüssel zu den Lokalitäten an der Kleinhüningerstrasse dem Vermieter abgegeben. Aernschd Born hielt dies als letzten Eintrag auf der Homepage der Dokumentationsstelle folgendermassen fest: "Heute wird der Schlüssel übergeben. Die Dokustelle ist Geschichte. Das wars. Herzlichen Dank euch allen! Präsident Roland Meyer und Kurator Aernschd Born befinden sich zum wahrscheinlich letzten Mal gemeinsam an der Kleinhüningerstrasse 139. Ich denke, wir haben Nachhaltiges geschaffen."
Somit war auch der Vereinszweck erfüllt. An einer virtuellen Mitgliederversammlung vom 15. Februar 2022 beschlossen die Mitglieder, den Verein aufzulösen.
Form und Inhalt
Die verschiedenen Bestände aus der Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz dokumentieren die breite zivilgesellschaftliche Bewegung gegen den Bau von Atomkraftwerken in der Region Basel und in der ganzen Schweiz. Aus den Unterlagen wird der konkrete Einsatz von Organisationen und Einzelpersonen gegen Atomkraftwerke und die Nutzung von Kernenergie in der Schweiz fassbar; insbesondere gehen die gesellschaftliche Breite der Bewegung und die individuelle Vielfalt des Engagements daraus hervor.
Schutzfristkategorie
Ordentliche Schutzfrist
Bewilligung
Gemäss Archivgesetz BS
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30
Ende der Schutzfrist
12/31/2051
Zugänglichkeit
Oeffentlich
Zugangsbestimmungen
Es gelten die allgemeinen Benutzungsbestimmungen des Staatsarchivs Basel-Stadt.
Physische Benutzbarkeit
uneingeschränkt