Vereinigung für das Frauenstimmrecht Basel und Umgebung (siehe auch PA 936)
Titel
Vereinigung für das Frauenstimmrecht Basel und Umgebung (siehe auch PA 936)
Signatur
PA 945
Stufe
Bestand
Entstehungszeitraum
1932-1973
Rechtsstatus
Eigentum des Staatsarchivs Basel-Stadt
Laufmeter
2.10
Provenienz
Vereinigung für das Frauenstimmrecht Basel und Umgebung
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben
1. Organisationsform und Geschichte
Die Vereinigung für das Frauenstimmrecht Basel wurde 1916 gegründet, mit dem Ziel, die rechtliche und soziale Stellung der Frau zu heben und zu diesem Zwecke das unbeschränkte aktive und passive Wahlrecht der Frau zu erstreben.
Organe der parteipolitisch und religiös neutralen Vereinigung sind die Generalversamnilung, der Vorstand und die Rechnungsstelle. Der Vorstand besteht aus 9 - 11 Mitgliedern, die von der Generalversammlung gewählt werden; Vizepräsident, Kassier und Aktuar werden aus der Mitte des Vorstandes gewählt; das Präsidium wird in geheimer Abstimmung aus der Mitte des Vorstands gewählt. Neben der Repräsentation der Organisation gegen Aussen bereitet der Vorstand die Generalversammlungen vor, organisiert die Propagandatätigkeit und bestellt Subkommissionen für besondere Aufgaben.
Als lokale Sektion ist die Vereinigung für Frauenstimmrecht Basel dem nationalen Dachverband, dem Schweizerischen Verband für Frauenstimnirecht, SVFSR, ab 1971: Schweizerischer Verband für Frauenrechte, angeschlossen. Diese Dachorganisation war bereits um 1909 durch den Zusammenschluss der kantonalen Frauenstimmrechtsvereine von Genf, Zürich, Neuenburg, Waadt und Bern gegründet worden; seit 1945 verfügt sie über ein eigenes Organ: "Die Staatsbürgerin".
Der schweizerische Verband für Frauenstimmrecht seinerseits ist dem 1900 in Bern gegründeten Bund Schweizerischer Frauenorganisationen, BSF, angeschlossen.
2. Politische Aktivitäten und Ziele
Seit seiner Gründung hat der Frauenstimmrechtsverein verschiedene Petitionen und Initiativen zur Einführung des Frauenstimmrechts auf kantonaler und auch auf eidgenössischer Ebene erarbeitet und/ oder unterstützt. 1919 wurden beispielsweise die vom Radikalen Göttisheim und vom Sozialdemokraten Greulich eingereichten Motionen für die Einführung des Frauenstimmrechts vom Verband für Frauenstinimrecht unterstützt; diese kamen jedoch nie zur Behandlung.
Dank den Bemühungen des Frauenstimmrechtvereins erfolgten in Basel 1946, 1954 und 1957 Abstimmungen auf kantorialer Ebene, 1958 je eine in den drei Bürgergemeinden Riehen, Bettingen und Basel-Stadt und schliesslich am 1. Februar 1959 die eidgenössische Abstimmung zum Frauenstinim- und Wahlrecht. Ein vom Basler Frauenstimmrechtsverein gegründetes Aktionskomitee leistete die Vorarbeiten für die Basler Frauenbefragung vom 21. Februar 1954; dasselbe Komitee führte auch die Propaganda für die eidgenössische Abstimmung vom 1. Februar 1959, welche mit 69% Nein-Stimmen abgelehhnt wurde.
Mit dem Postulat Oprecht (1944) hatte die langwährende, politische Diskussion mit dem Bundesrat um die Aufnahme eines Artikels für die Einführung des Frauenstimm-und Wahlrechts in die Bundesverfassung begonnen. 1969 verlangte das Postulat Gerwig die Anderung des Wahigesetzes unter Anwendung des Artikels 2 der BV, wonach es der Gesetzgebung des Bundes vorbehalten bleibt, über die Stimmberechtigung einheitliche Vorschriften aufzustellen. Im selben Jahr forderte der Nationalrat Max Arnold die Neuinterpretation des Wortes "Schweizer" in der Bundesverfassung. Während all diese Bemühungen um das Frauenstimm- und Wahlrecht auf eidgenössischer Ebene zunächst erfolglos blieben, nahmen kantonale Abstimmungen einen positiven Ausgang: 1966 erlangten die baselstädtischen Frauen das Stimmund Wahlrecht in Kantonsangelegenheiten, 1968 wurden die Baselländlerinnen in Kantonsangelegenheiten stimm- und wahlberechtigt.
Erst der bundesrätliche Vorschlag zur Ratifizierung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte mit einer Ausnahmeklausel zum Frauenstimmrecht in der Schweiz brachte neue politische Opposition und Aktivitäten im Kampf um das eidgenössische Frauenstimm-und Wahlrecht.
Die hierauffolgende, nun unumgänglich gewordene, neue Botschaft des Bundesrates über das Frauenstimmrecht vom 12. Dezember 1969 antizipierte die lang ersehnte und umkämpfte,ausschlaggebende eidgenössische Abstimmung vom 7. Februar 1971 (621`403 Ja : 323`596 Nein). Mit der Erlangung der Stimm- und Wahlberechtigung für Frauen auf eidgenössischer Ebene, am 7. Februar 1971, haben sich Ziele und Namen des Schweizerischen Verbandes für Frauenstimmrecht geändert; seither nennt er sich "Schweizerischer Verband für Frauenrechte" und möchte vor allem eine Verbesserung der zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Lage der Frauen erreichen.
Eine gute Einführung in die Geschichte der schweizerischen Frauenstimmrechtsbewegung bieten Elisabeth Joris und Heidi Witzig (Hg.), Frauengeschichte(n)- Dokumente aus zwei Jahrhunderten zur Situation der Frauen in der Schweiz (Zürich 1986) und der Bericht der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen: "Die Stellung der Frau in der Schweiz, Teil IV:
Frauenpolitik" (1985).
Bestandsgeschichte
Der vorliegende Aktenbestand stammt aus dem Archiv des Frauenstimmrechtvereins Basel. Er umfasst die Jahre 1932 -1971 und besteht aus Protokollen, Korrespondenzen, Sachdossiers, Akten der Präsidentinnen sowie aus einer reichhaltigen Dokumentation. Die Gründungsakten und die älteren Akten liegen nicht vor. Der Archivbestand enthält Akten, die den drei verschiedenen Organisationsebenen (lokale Sektion, nationale Dachorganisation, übergeordneter Dachverband) entstammen; dies widerspiegelt sich in der Strukturierung des Archivplans und äussert sich gelegentlich in einer gewissen Doppelspurigkeit, die sich nicht vermeiden liess. Wegen der Differenzen zwischen Mary Paravicini, Vorstandsmitglied und Sekretärin des Schweiz. Verbandes für Frauenstimmrecht, und dem Basler Vorstand fehlen ab 1945 gewisse Akten, welche einerseits den internen Streit, andererseits die persönlichen Aktionen Mary Paravicinis (Verhandlungen mit Bundesrat Feldmann, Korrespondenz mit Prof. Max Huber) dokumentieren.
Glücklicherweise hat das Staatsarchiv von Mary Paravicini Akten zum Frauenstimmrechtsverein erhalten. Diese konnten parallel zu dieser Ablieferung bearbeitet, mussten aber aus Provenienzgründen in einem gesonderten Privatarchiv als Nachlass Mary Paravicini (PA 936) aufgestellt werden. Für die Zeit nach 1945 empfiehlt es sich deshalb auch im PA 936 nachzuforschen. Zu den internen Differenzen des Frauenstimmrechtvereins vgl. v.a. die Chronik betr. die Frauenrechtsbewegung ab 1945- 1950, verfasst von Mary Paravicini (PA 936 C 4), sowie die Allgemeine Korrespondenz (PA 936 D 1) und die persönliche Korrespondenz Mary Paravicinis mit Prof. Dr. Max Huber (PA 936 D 2), vgl. dazu aber auch die entsprechenden Protokolle der Vorstandssitzung im vorliegenden Privatarchiv (Pa 945 C 1).
Schutzfristkategorie
Ordentliche Schutzfrist
Bewilligung
Gemäss Archivgesetz BS
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30
Ende der Schutzfrist
12/31/2003
Zugänglichkeit
Oeffentlich
Zugangsbestimmungen
Es gelten die allgemeinen Benutzungsbestimmungen des Staatsarchivs Basel-Stadt.
Physische Benutzbarkeit
uneingeschränkt
Findhilfsmittel
Zur Benützung des vorliegenden Bestandes vgl. den Zentralkatalog.