Progressive Organisationen Basel (POB)
Titel
Progressive Organisationen Basel (POB)
Signatur
PA 933
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1966-1999
Rechtsstatus
Eigentum des Staatsarchivs Basel-Stadt
Provenienz
Progressive Organisationen Basel
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben
Bezeichnung
Bezeichnung(en): POB (Progressive Organisationen Basel), 1970 teilweise auch als GO (Gesamtorganisation der Progressiven Arbeiter, Lehrlinge, Schüler und Studenten Basels) bezeichnet. Ab 1990 "POB Grüne".
Eckdaten
Die Progressiven Organisationen wurden am 15. Januar 1970 formell gegründet als Zusammenschluss verschiedener Gruppierungen der Neuen Linken. Die Auflösung wurde am 1. Februar 1993 formell beschlossen, wobei die Grossratsfraktion bis zum Ende der Legislaturperiode 1997 weiterarbeitete.
Abriss der Parteigeschichte
Seit der Gründung prägte die POB die politische Öffentlichkeit Basels. Aus verschiedenen ausserparlamentarischen Gruppen wurde eine Partei, die sich auch innerhalb der staatlichen Institutionen engagierte. Die ersten Jahre der Partei verliefen sehr dynamisch und politisch gesehen erfolgreich. Bei der erstmaligen Teilnahme an den Grossratswahlen 1972 erreichte sie mit 3,6 Prozent der Stimmen fünf Sitze und vergrösserte kontinuierlich den Wähleranteil bis zu den Wahlen 1984, nach denen die POB mit 15 Mitgliedern die viertgrösste Grossratsfraktion stellte. Spätere Grossratswahlen führten zu einem Rückgang des Stimmenanteils und der Sitze. Verschiedene Versuche, einen Sitz im Regierungsrat zu gewinnen, schlugen fehl. Je einen Sitz errang die POB bei den Nationalratswahlen von 1979, 1983 und 1987. Weitere Sitze hatte die POB im Bürgerrat, im Gemeinderat von Riehen und in verschiedenen Schulkommissionen inne.
Die POB lancierte oder unterstützte viele kantonale Initiativen und Referenden, schwergewichtig im Bereich der Stadtplanung und des Umweltschutzes. Massgeblich war sie im Kampf gegen den Bau des Atomkraftwerkes Kaiseraugst beteiligt und organisierte viele Demonstrationen und Hausbesetzungen. Zeitweise hatte die POB auch einen Gewerkschaftsflügel, der sich aktiv in Arbeitskonflikte in Basel und Umgebung einmischte. Die POB war auf den offiziellen 1.Mai-Feiern vertreten und organisierte jährlich im August mit Ausländerorganisationen ein grosses Solidaritätsfest.
Organisatorisch unterschied sich die POB von anderen Parteien, in dem sie basisdemokratisch strukturiert war. Es gab kein eigentliches Parteipräsidium, sondern einen (erweiterten) Vorstand, an dessen Sitzungen oft über zwanzig Mitglieder teilnahmen. Zwischen den Vorstandssitzungen führte das "Büro" die Geschäfte, das seinerseits fünf bis zehn Personen umfasste. Mehrmals jährlich fanden Vollversammlungen aller Parteimitglieder statt und einmal im Jahr eine Generalversammlung.
Verschiedene Arbeitskreise und die vier als eigene Vereine konstituierten Quartiergruppen (Grossbasel West, Grossbasel Ost, Kleinbasel, Riehen) bildeten das Rückgrat der konkreten Parteiarbeit. Einzelne Arbeitsgruppen, wie die Progressive Gruppe für Planungsfragen "Tartaruga", bestanden über Jahre hinweg und sind im diesem Archivfonds sehr gut dokumentiert. Andere Gruppen formierten sich zur Durchsetzung eines bestimmten Ziels und lösten sich danach wieder auf.
Die Partei leistete sich auch ein professionelles Sekretariat, das mit der täglichen Verwaltungsarbeit betraut war. Diesem Sekretariat ist die gute Aktenlage zu verdanken.
Die POB pflegte Kontakte zu den anderen Parteien des linken Spektrums (Sozialdemokratische Partei, Partei der Arbeit, Sozialistische Arbeiterpartei) und war die stärkste und langlebigste Fraktion der Progressiven Organisationen Schweiz (POCH).
Die POB verstand sich als Zusammenschluss "progressiver Lehrlinge, Schüler und Studenten" im Geist der 68er-Bewegung. Das akademische Element blieb in der personellen Zusammensetzung und der inhaltlichen Diskussion sehr stark und wurde von anderen Linksparteien kritisiert. Da die Mitgliederkartei auf Beschluss der letzten Generalversammlung vernichtet wurde, kann der Mitgliederbestand nicht genau angegeben werden. 1980 wird die Zahl der eigentlichen Mitglieder von der Arbeiterzeitung "AZ" auf 200 geschätzt, wobei in den Quartiervereinen noch mehr Leute engagiert seien. Im Verlauf der 80er Jahre trat eine personelle Krise ein. Es wurden wenig neue Mitglieder geworben, der Kreis von aktiven Parteimitgliedern verkleinerte sich und die Sitzungskadenz und Sitzungspräsenz in den einzelnen Gremien nahm ab. Das Erstarken der Grünen Parteien führte zu einer Schwächung der POB und zu Diskussionen über eine mögliche Zusammenarbeit oder Fusion. Nach einigen vergeblichen Wiederbelebungsversuchen Ende der 80er Jahre löste sich die Partei 1993 auf. Einzelne Mitglieder wurden Parteimitglieder der Sozialdemokratischen Partei, der Grünen oder "Basels starker Alternative" BastA!.
Schutzfristkategorie
Ordentliche Schutzfrist
Bewilligung
Gemäss Archivgesetz BS
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30
Ende der Schutzfrist
12/31/2029
Zugänglichkeit
Oeffentlich
Zugangsbestimmungen
Es gelten die allgemeinen Benutzungsbestimmungen des Staatsarchivs Basel-Stadt.
Physische Benutzbarkeit
uneingeschränkt
Veröffentlichungen
Roger Blum, Wandel und Konstanten bei den Progressiven Organisationen (POCH)
1971-1986, in: Politische Parteien und neue Bewegungen, Schweizerisches
Jahrbuch für politische Wissenschaft 26, Bern 1998, 119-150.