Tadeus Reichstein (1897-1996)
Titel
Tadeus Reichstein (1897-1996)
Signatur
PA 979
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1902-1997
Rechtsstatus
Depositum
Provenienz
Tadeus Reichstein privat bzw. Institut für organische Chemie
Verwaltungsgeschichte/Biografische Angaben
Tadeus Reichstein wurde am 20. Juli 1897 in Wloclawek (damals Russisch-Polen) geboren. Seine frühe Kindheit verbrachte er in Kiew, wo sein Vater Isidor Reichstein als Ingenieur tätig war. 1905 kam er nach Jena in ein deutsches Internat. Als seine Familie 1906 nach Zürich übersiedelte, folgte er 1908 nach und wurde zunächst zu Hause von seinem Vater unterrichtet. 1914 folgte die Einbürgerung der Familie in Zürich-Stadt. Tadeus Reichstein besuchte die Industrieschule (Oberrealschule). Nach der Matur im Jahr 1916 begann er an der ETH Zürich mit dem Chemiestudium und legte im Herbst 1920 seine Diplomprüfung ab. Nach einjähriger Tätigkeit in einer Taschenlampenfabrik in Rorschach erarbeitete er seine Doktorarbeit "Uber das offenkettige Tropin" unter Prof. Hermann Staudinger und promovierte 1922.
Von 1922-1931 forschte Tadeus Reichstein mit Joseph von Euw in einem Privatlabor der "Inca" Zürich (eine Tochtergesellschaft des Franck-Konzerns) in Zürich-Albisrieden über die Zusammensetzung der Aromastoffe in geröstetem Kaffee.
1927 heiratete er die Holländerin Henriette Luise Quarles-van Ufford (1898-1993)
Mit seiner Arbeit ueber "Heterocyclische Verbindungen" habilitierte er sich 1929 als Dozent an der ETH Zürich. 1931 wurde er Assistent von Prof. Leopold Ruzicka und widmete sich fortan ganz der wissenschaftlichen Tätigkeit. 1934 wurde er zum Titularprofessor und 1937 zum Extraordinarius ernannt.
In den Jahren 1931 bis 1938 verbuchte er mit seinen Mitarbeitern Erfolge auf dem Gebiet der Vitamin-C Synthese und entwickelte die Grundlagen für die industrielle Herstellung von Vitamin C. Diese Forschungen führten zu weiteren Arbeiten über Zucker. 1932 begannen die langwierigen Arbeiten über die Homone der Nebennieren-Rinde.
1938, nach Differenzen mit Prof. Ruzicka, folgte Tadeus Reichstein dem Ruf der Universität Basel, wo er den Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie übernahm. Als 1946 das Organisch-Chemische Institut wegen des plötzlichen Ablebens von Prof. Ruggli verwaist war, übernahm Reichstein auf Wunsch der Kuratel auch diesen Lehrstuhl und leitete bis 1950 beide Institute. Er setzte den Neubau des Chemischen Instituts, dessen Räumlichkeiten in marodem Zustand waren, mit Hilfe staatlicher Unterstützung durch. 1953 wurde das neue Institut eingeweiht.
Tadeus Reichstein isolierte die Hormone der Nebennierenrinde, klärte unter anderem die chemische Struktur des lebenswichtigen Aldosterons auf und erkannte die Wirksamkeit des Cortisons zur Behandlung rheumatischer Krankheiten. 1950 erhielt er für seine Arbeiten, gemeinsam mit den Amerikanern Edward C. Kendall und Phillip S. Hench, den Nobelpreis für Physiologie und Medizin. In den folgenden Jahren arbeitete Reichstein vor allem an der Isolierung von herzwirksamen Stoffen aus afrikanischen Pflanzen.
1933 wurde Tochter Ruth geboren (1933-1989).
1960 gab Prof. Reichstein die Leitung des Instituts für Organische Chemie auf, um Prof. Cyril Grob Platz zu machen. Die Laboratorien hielt er jedoch bis zu seiner Eremitierung 1967 für sich, seine Assistenten und Doktoranden zur Verfügung.
Ab 1967 widmete er sich zunehmend dem Gebiet der Botanik und spezialisierte sich auf die Inhaltsstoffe und Botanik der Farne. In den letzten Jahren vor seinem Tod kümmerte er sich vorwiegend um die Publikation der Ergebnisse seiner botanischen Forschungen.
Tadeus Reichstein verstarb am 1. August 1996 in Basel.
Schutzfristkategorie
Ordentliche Schutzfrist
Bewilligung
Gemäss Archivgesetz BS
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30
Ende der Schutzfrist
12/31/2027
Zugänglichkeit
Oeffentlich
Physische Benutzbarkeit
uneingeschränkt
Veröffentlichungen
Beat Baechi 2005: 'Rein schweizerisches Vitamin C aus Basel'. Zur Kulturgeschichte einer soziotechnischen Innovation, in: Basler Zeitschrift fuer Geschichte und Altertumskunde 105, S. 79-113, Basel 2005.
Miriam Rothschild 1999: 'Tadeus Reichstein: 20. July 1897 - 1. August 1996', in: Biographical memoirs of fellows of the Royal Society 45, p. 449-467, London 1999.
Christoph Tamm 1996: 'Tadeus Reichstein: der Mensch und Forscher', in: Basler Zeitung vom 7.8.1996, S. 23.
Verwandtes Material
Die Universitaetsbibliothek Basel verwahrt Tondokumente von Tadeus Reichstein (Chemie der Corticoide und ihrer kuenstlichen Abwandlungsprodukte)